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Massentierhaltung, Tierfabrik, industrielle Landwirtschaft-
Unworte oder Realität?

Politiker, Umweltschützer und weitere Personen sprechen sie aus, diese Wörter ; doch keiner hat klar definiert, was darunter genau zu verstehen ist.

Umweltschützer setzen die Massentierhaltung und Tierfabriken gleich mit Tierquälerei. Sehen die Gesundheit der Tiere gefährdet. Sprechen von hohem Medikamenteneinsatz- eine Gefahr für Mensch und Tier.
Der “BUND” wirft der Bundesregierung vor, im Zuge der Agrarwende immer noch Ställe für Massentierhaltung zu genehmigen. Er sieht die Alternative in kleinbäuerlichen Strukturen mit ökologischer Wirtschaftsweise.

Als “Nicht-Ökobauer” ohne “Massentierhaltung” trotzdem mit kleinbäuerlicher Struktur will ich versuchen, Fakten für oder gegen diese Worte zu liefern.....

Haben wir Massentierhaltungen und Tierfabriken?

Sind heute im Jahre 2002 Tierhaltungen mit 100 Kühen oder 1.000 Schweinen oder 10.000 Stück Geflügel eine “Massentierhaltung” oder gar “Tierfabriken”? Niemand hat bisher genau festgelegt, ab welcher Größenordnung (Stückzahl) von diesem Begriff auszugehen ist.  Durch die ehemaligen LPGs in der Ex-DDR sind dort größere Strukturen mit entsprechenden Viehzahlen vorhanden als im westlichen Teil unseres Landes. Treffen dort diese Worte zu?

Sicher, die Tieranzahl auf den einzelnen Betrieben hat laufend zugenommen; denn durch immer weniger Verdienst pro Einheit müssen Tierbestände auf den Höfen wachsen, um ein ausreichendes Familieneinkommen zu sichern. Während z.B. 1975 ein Landwirt von 25 Kühen mit dem dazugehörigen Jungvieh ein zufriedenstellendes Einkommen für seine Familie hatte, reichen heute die doppelten Zahlen kaum aus. Bei anderen Tierarten verläuft der Trend ähnlich. Auch die Ökobetriebe sind von dem Trend der wachsenden Tierbestände betroffen. Schon lange sind die Zeiten der Hofidylle mit einigen Tieren aller Arten die rühmliche Ausnahme. Wer nicht entsprechende Mengen produziert, landet durch fehlendes Einkommen, schnell im “Abseits”; denn viele Kosten sind bei größeren Einheiten je Stück niedriger.

Einige Zahlen, Daten, Fakten   (laut Landwirtschaftszählung von 1999)

  • bei den Rindern
    • sind 55,5% (2,64 Mio.) aller Milchkühe in Herden bis zu 49 Tieren in 85,9% aller milchviehhaltenden Betriebe (131.200)
    • zwischen 50 und 99 Tiere halten 17.600 Betriebe (11,5%). Hier sind 23,7% aller Kühe oder 1,129 Mio. zu finden
    • nur 3900 Betriebe (2,6%) halten 100 und mehr Milchviecher. Das sind fast 1 Mio. Tiere oder 20,9% der Gesamtzahl
    • bei Mastbullen werden  69% aller 1,411 Mio. Tiere von 117.100 Betrieben (96,1%) mit Bullenhaltung in Beständen unter 50 Einheiten gehalten.
  • bei den Schweinen
    • werden nur 7,6% aller 26,101 Mio. Masttiere in Beständen unter 100 Einheiten von 95.500 schweinehaltenden Betrieben (67,5%) gehalten.
    • 15,181 Mio. (58,2%) Mastschweine befinden sich auf 15.400 Höfen (28,4%) mit Bestandsgrößen von 100 bis 999 Tieren
    • der Rest von 8,954 Schweinen (34,3%) wird von 4.800 Betrieben (3,4%) mit über 999 Schweinen gehalten.
    • fast 87% aller Sauenhaltungen (=47.100 Stück) haben zusammen 1,185 Mio. Zuschtsauen (= 44.2%) in ihren Beständen bis 99 Tiere.
    • weitere 1,03 Mio. Sauen (41,1%) werden von 6.700 Sauenhaltern (12,3%) in Größeneinheiten mit 100 bis 499 Tieren gehalten.
    • und nur 300 Betriebe (0,6%) haben Bestände mit 500 und mehr Sauen. Hier sind aber 14,7% oder 293.000 aller Sauen zu finden.

Ich denke mit diesen Zahlen eindrucksvoll zu belegen, dass bei über 95% aller Betriebe mit Rinder- und/oder Schweinehaltung auf keinen Fall von einer Massentierhaltung oder Agrarfabrik die Rede sein kann.

Diese Größenordnungen reichen heute Anno 2002 in vielen Fällen nicht aus, um ein zufriedenstellendes Einkommen für die bäuerliche Familie zu erzielen.

Was ist “industrielle Landwirtschaft”?

Ein Begriff, der haupsächlich nach dem 1. BSE Fall an Bedeutung gewonnen hat, und hier besonders von einigen Politikern propagiert wurde. Fast jeder konventionell wirtschaftende wurde anfangs in diesen Begriff gezwängt, ohne nähere Angaben darüber, welche Kriterien dafür erfüllt sein mussten.

Dabei ist dieses Wort im Bereich des Steuerrechts unter “gewerbliche Landwirtschaft” schon länger gängig. Wer große Vieheinheiten hält, ohne dafür die entsprechenden Bodenflächen nachweisen zu können, fällt unter diesen Begriff.

Auch gibt es Betriebe und Unternehmen außerhalb der Landwirtschaft, die aus finanziellen Überlegungen Höfe oder Teile davon aufkaufen und bewirtschaften.
So war es bis vor wenigen Jahren für Selbstständige sehr lukrativ, landwirtschaftliche Flächen zu bewirtschaften, um so in die gesetzliche ldw. Krankenkasse zu gelangen. Durch die Bewirtschaftung müssen die Nutzer der Krankenkasse angehören und sie wurden aufgrund der niedrigen Ertragskraft des “Betriebes” als “sozial schwach” mit äußerst günstigen Beiträgen eingestuft. Heute zählt das außerlandwirtschaftliche Einkommen verstärkt, so dass die Lukrativität dieser Versicherung uninteressant geworden ist.
Desweiteren können steuerliche Gewinnverlagerungen zum Einstieg in die Landwirtschaft führen.

Umweltschützer sprechen von diesem Begriff schon dann, wenn vor- oder nachgelagerte Bereiche des Bauernhofes industriell sind. Bin ich als Landwirt schon dann “industriell”, wenn ich mein Futter vom industriellen Futtermittelmischwerk beziehe? Wenn ja, so müßten auch etliche Ökobetriebe in diese Gruppe eingestuft werden.

Meiner Meinung fallen einige der bereits im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Betriebe mit extremer Viehhaltung unter die Worte “industrielle Landwirtschaft”, wenn gleichzeitig eine entsprechend große ldw. genutzte Fläche fehlt. Auf jeden Fall ist für mich dann die Landwirtschaft industriell, wenn die Arbeitsabläufe nach solchen Gesichtspunkten organisiert sind

Massentierhaltung gleich Tierquälerei?

Gerade in jüngster Zeit hat der “BUND” den Bundes- und Länderregierung vorgeworfen, im Zuge der Agrarreform noch immer große Stalleinheiten zu genehmigen. Sie begründen diese Forderung mit einer angeblichen Tierquälerei, hohem Medikamenteneinsatz und einer Umweltschädigung in großen Viehbeständen.

Dazu Gedanken von mir:

  • das Wohlbefinden der Tiere ist abhängig vom Haltungssystem (Stallkomfort, Besatzdichte u.w) und von der Qualifikation des Betriebsleiters und nicht von Bestandgröße. So kann eine Vielzahl von Tieren in einem neuen modernen Stall bessere Lebensbedingungen vorfinden als in einem alten Gemäuer.
  • zum Medikamenteneinsatz ist festzustellen, dass z.B. sog. Freiland-Hühner weitaus mehr Kontakt zu Krankheitserregern -und entsprechenden Medikamenteneinsatz- haben als Hühner in Käfigen. Folgedessen enthalten Eier und Fleisch der “glücklichen Hühner” bis zu dreimal soviel Medikamentenrückstände, vor allem Antibiotika, als die von Hühnern in Käfigen. Diese Aussage gilt sicher nicht für kleinste Einheiten, wenn genügend Grünfläche zur Verfügung steht; doch diese Haltungen sind kaum vorhanden.
  • eine Umweltschädigung durch Tierhaltung ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Jedes Lebewesen -auch der Mensch- schädigt seine Umwelt durch den Verbrauch von Sauerstoff und das Abgeben von Kohlenstoff. Es scheidet Extremente aus, die wiederum über den Boden entsorgt werden. Auch dieses hängt nicht von der Größe des Bestandes ab, sondern von der Anzahl der Lebewesen.

In diesem Zusammenhang werden auch oft die Tiertransporte über viele hundert Kilometer angesprochen. Ich würde es auch begrüßen, wenn sie überfällig wären; doch bei den Rindern z.B. werden über 50% in den nördlichsten Bundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie im südlichsten Land Bayern gehalten. Die Verbraucherzentren jedoch befinden sich in der Mitte Deutschlands und auch die wollen versorgt sein. Dazu kommt, dass die Strukturen bei den Schlachthöfen zu immer weniger aber dafür größeren Einheiten geführt haben. Übnrigens, die Transporte unterliegen strengen Normen und werden daraufhin kontrolliert. So sind die Vorschriften hinsichtlich Schweinetransport strenger als die beim Befördern von Schülern in die nächste Schule!!

Fazit.

Bei allen Gedanken zu diesem Thema sollten wir nicht vergessen, dass weitere höhere Auflagen in der Tierhaltung auch höhere Kosten verursachen. Allein auf ökologische Tierhaltung zu setzen, bedeutet eine nicht der Wahrheit entsprechende Betrachtungsweise. Die Verbraucher sind trotz der staatlich verordneten Bio Landwirtschaft zu Beginn 2001 auch nach 16 Monaten kaum bereit, für die so erzeugten Produkte einen notwendig höheren Preis zu zahlen. Sie kaufen nach wie vor die preiswerteren Lebensmittel im Supermarkt. Selbst diejenigen, die “Massentierhaltung”, “Tierfabriken” und “industrielle Landwirtschaft” des öfteren in ihrem Wortschatz verwenden, schließen sich oft genug der breiten Verbrauchermasse an, nicht nur bei Öko-Nahrung, sondern auch bei der Öko-Energie. Erschwerend kommt hinzu, dass wir bei breiter ökologischer Wirtschaftsweise ohne Einfuhren die Menschen bei heutigen Ernährungsgewohnheiten nicht ernähren können. Im Ausland machen sich die Menschen vielerorts nicht soviel Gedanken um Tierschutz etc. Sie produzieren das, was der Markt verlangt, um damit Geld zu verdienen und lächeln über “unsere Probleme”....

    

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